Datum: 17.03.2015

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Überblick über eine deutsche Erfolgsgeschichte, die nach Ansicht ihres Vaters auf der Kippe steht. Inklusive einer Präsentation.

Die Entstehung

Nach der legendären Bundestagswahl 1998 nahmen die Grünen erstmals an der Regierung teil. Eine der Folgen war die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Hans-Josef Fell von den Grünen gilt als „Vater des EEG“. Er hat mit seiner Parteikollegin Michaele Hustedt sowie Hermann Scheer und Dietmar Schütz von der SPD das EEG entworfen.

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Das im Jahr 2000 verabschiedete Gesetz soll, so die Präambel, „eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung ermöglichen“ und „die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien fördern.“ Diesen Zweck hat das Gesetz, wie man 15 Jahre später sagen kann, mit Bravour erfüllt.

„Hans-Josef Fell (2010)“ von Sigismund von Dobschütz - Eigenes Werk. Lizenz: Creative Commons

Planungssicherheit durch feste Einspeisevergütung

Wichtigstes Instrument des EEG ist die Verpflichtung von Stromversorgern, erneuerbare Energien für einen bestimmten Zeitraum unabhängig von der Marktlage zu vorher definierten Vergütungen abzunehmen. Die Höhe der Vergütung hängt von mehreren Faktoren wie dem Jahr der Inbetriebnahme oder der Größe der Anlage ab.

Diese Vorgabe verschaffte den Erbauern von erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen Planungs- und Investitionssicherheit für bis Regel 20 Jahre. So erhält die 2012 in Betrieb genommene Photovoltaik-Dachanlage Schmiedeberg eine feste Einspeisevergütung von 22,29 Cent je Kilowattstunde.
Das Industrieland Deutschland wurde in der Folge zum weltweiten Vorreiter und Vorbild in der Energiewende.

Mittlerweile haben 65 Länder ein Gesetz verabschiedet, dass sich das EEG zum Vorbild genommen hat. Darunter sind Spanien, China, Japan, mehrere Städte in den USA und seit kurzem auch Polen.

Kritik an EEG-Umlage

In Deutschland steht das EEG trotz einer weitgehenden Zustimmung der Bevölkerung zunehmend unter Kritik. Diese zielt vor allem auf die EEG-Umlage ab. Dies ist die Differenz zwischen dem Marktpreis für Strom und dem festen Satz, zu dem erneuerbare Energien eingespeist werden. Sie wird von den Stromversorgern einmal jährlich ermittelt und dann auf den Strompreis umgeschlagen. Kritisiert wird, dass die EEG-Umlage den Strompreis nach oben treibt und verhindert, dass sich die erneuerbaren Energien am Markt behaupten müssen.

Die EEG-Umlage beträgt derzeit 6,17 Cent je Kilowattstunde, was etwa 20 Prozent des Strompreises ausmacht. Einer greenpeace-Studie zufolge sind die versteckten Kosten für konventionelle Energien wie Atomenergie oder Kohle jedoch höher. Wenn man aus Subventionen und externe Kosten wie Umwelt- und Klimaschäden einrechnet, bezahlen die Stromverbraucher eine Umlage von 10,2 Cent je Kilowattstunde konventioneller Energien – allerdings nicht durch die Stromrechnung, sondern über die Steuer.

Die EEG-Novelle 2014

Im Sommer 2014 hat die Bundesregierung das EEG novelliert. Ziel der Novelle ist es, die Bezahlbarkeit der Energiewende durch Bürger und Wirtschaft sicherzustellen. Die Kritiker der Novelle sagen allerdings: Das EEG wurde deformiert. Laut Fell, dem Vater des ursprünglichen EEG, hat die Novelle „die entscheidensten Grundpfeiler, die das ursprüngliche EEG aus dem Jahr 2000 als erfolgreichstes Klimaschutzgesetz der Welt etabliert haben, abgerissen“. Die Novelle mache aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ein „Kohlebestandschutzgesetz“.

Ausbaukorridore anstatt Mindestausbau

Die wohl deutlichste Änderung des EEG ist der Ausbau der planwirtschaftlichen Steuerung. Während das bisherige EEG lediglich Ziele gesetzt hatte, wie viel Prozent der Stromversorgung zu einem bestimmten Zeitraum mindestens durch erneuerbare Energien zu decken sind, setzt das neue EEG auch Maximalwerte. So sollen bis 2015 40-45 Prozent des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden, und bis 2035 55-60 Prozent. Das alte EEG hat bestimmt, was die erneuerbaren Energien zu leisten haben – und das neue EEG setzt eine Grenze, wie viel sie maximal leisten dürfen. Anders gesagt: Es bestimmt, welcher Anteil am Stromverbrauch für konventionelle Energien reserviert ist.

Darüber hinaus detailliert das neue EEG, durch welche Energiearten die Ziele zu erreichen sind. Es definiert, wie hoch der jährliche Ausbau durch welche Arten von Erneuerbaren Energien ausfallen soll. Geplant ist ein jährlicher Zubau von

·         2.400 bis 2.600 Megawatt Photovoltaikenergie

·         2.400 bis 2.600 Megawatt Windenergie auf Land

·         6.500 Megawatt Windenergie im Meer, ab 2030 15.000 Megawatt

·         100 Megawatt Energie aus Biomasse

Der „atmende Deckel“ soll dafür sorgen, dass die anvisierten „Ausbaukorridore“ eingehalten werden. Er passt quartalsmäßig die Förderungssätze daran an, inwieweit sich der Ausbau in diesem Korridor bewegt.

Offshore-Windkraft hui, Biomasse pfui

Diese geplanten Ausbaukorridore zeigen die Prioritäten der Energiepolitik. Biomasse ist der klare Verlierer, Offshore-Windkraft der Gewinner. Die Windkraft auf hoher See wird zudem noch speziell gefördert, indem die Betreiber eine erhöhte Einspeisevergütung von 15,4 Cent für die ersten 12 Jahre oder von 19,4 Cent für die ersten acht Jahre erhalten. Bei der Biomasse fördert das Gesetz die vermehrte Energieerzeugung durch Bioabfälle und Gülle. Bioabfälle werden bis 500 Kilowatt mit 15,26 Cent und Gülle bis 75 Kilowatt sogar mit 23,73 Cent vergütet.

Offshore-Windpark. Bild von Kim Hansen via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Übergang zu Ausschreibungen

Eine weitere drastische und umstrittene Änderung des neuen EEGs ist der geplante Übergang zu Ausschreibungen. Die Vergabe von Förderungen soll künftig so wie etwa in Frankreich durch Ausschreibungen geregelt werden. Erste Pilotprojekte starten im Frühjahr 2015. Das Bündnis Bürgerenergie kritisiert, dass Ausschreibungen hohe Markteintrittsbarrieren errichten, welche die kleinen, risikoscheuen Akteure der Bürgerenergie abschrecken. Damit könnten Ausschreibungen dazu führen, dass sich der Energiemarkt wieder zentralisiert.

Beteiligung von Eigenverbrauchern

Schließlich sollen sich künftig auch Eigenverbraucher ab 10 Kilowatt Leistung an der EEG-Umlage beteiligen. Bis Ende 2015 sollen sie 30 Prozent bezahlen, ab 2016 35 Prozent und ab 2017 40 Prozent.

„Atempause“

Alles in allem dürfte das neue EEG den Ausbau der erneuerbaren Energien durch kleine und mittlere Akteure deutlich abbremsen. Dies hat sich bereits 2014 gezeigt: der Ausbau der Photovoltaik-Energie blieb mit 1.900 Megawattstunden deutlich unter dem Ausbaukorridor, die Anzahl von Neugründungen von Energiegenossenschaften hat 2014 mit nur 29 einen Tiefstand erreicht.

Auf dem Neujahresempfang des Bundesverbands Erneuerbare Energien kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rückgang des Photovoltaik-Ausbaus damit, dass dieser eine „Atempause“ benötige, da der Zubau in den Jahren 2011 und 2012 so rasant vorangegangen war.

Allerdings kann sich Deutschland kaum eine „Atempause“ leisten, falls es das selbstgesteckte Ziel erreichen will, bis 2025 40-45 Prozent des Strombedarfs durch erneuerbare Energien zu decken. Derzeit werden zwar bereits 27 Prozent erreicht. Doch sollte sich der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter verlangsamen, wie befürchtet, wird es knapp werden.